Demographische Entwicklung in Chemnitz 2020

Der Blog-Artikel beleuchtet jene Kenngrößen der Demographie, die die Bevölkerungszahl einer Stadt beeinflussen, und zeigt, wie das Corona- Jahr 2020 drei der vier relevanten Parameter (Sterbefälle, Zuzüge und Wegzüge) in Chemnitz - zumindest in ausgewählten Monaten - relativ stark beeinflusste, während die Zahl der Geburten als vierte Kenngröße relativ konstant blieb und nur minimal sank.


1. Bevölkerungsentwicklung

Im Kalenderjahr 2020 verringerte sich die Bevölkerungszahl (Personen mit Hauptwohnsitz) in Chemnitz um 1.857 auf 245.051 Einwohner. Das Bevölkerungsminus von 0,75 % lag dabei deutlich über dem des Vorjahres 2019 (-813 bzw. -0,33 %). Nachdem die Einwohnerzahl in der Stadt beginnend ab 2011 sieben Jahre gewachsen war, hat sie sich in den letzten 24 Monaten (Januar 2019 bis Dezember 2020) um 2.670 reduziert. Im Vergleich zum "Nachwende-Allzeit-Tief" (240.545) vom Stand 31.12.2011 liegt die Bevölkerungszahl in der Stadt aber weiterhin um 4.506 Menschen (+1,9 %) höher.


2. Ausländische Bevölkerung / Bevölkerung mit deutscher Staatsbürgerschaft

Die Zahl der ausländischen Bevölkerung in Chemnitz erhöhte sich im Kalenderjahr 2020 um 255 auf 21.656 (+1,2 %). Binnen Jahresfrist hat sich der Ausländeranteil in der Stadt um 0,1 %-Punkte erhöht und lag am 31.12.2020 somit bei 8,8 %. Das starke Wachstum der ausländischen Bevölkerung hat sich seit Anfang 2019 deutlich abgeflacht.

Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in Chemnitz 2007-2020  (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)
Entwicklung der ausländischen Bevölkerung in Chemnitz 2007-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)

Parallel dazu hat sich der Trend zur sinkenden Zahl von Bewohnern mit deutscher Staatsbürgerschaft in Chemnitz weiter verfestigt. Die Zahl der deutschen Bevölkerung reduzierte sich im Kalenderjahr 2020 um 2.112 auf 223.395 – der Rückgang der deutschen Bevölkerung (absolute Zahl) war der höchste seit knapp zwei Jahrzehnten; bei der Interpretation des Wertes muss aber angemerkt werden, dass die Zahl der deutschen Staatsbürger in Chemnitz seit 1990 jedes Jahr zurückgeht. In den Kalenderjahren 2016 bis 2019 hatte sich die Zahl der Bewohner mit deutscher Staatsbürgerschaft durchschnittlich um 1.436 pro Jahr reduziert. Im Zeitraum 2009 bis 2015 lag der jährliche Rückgang immer im dreistelligen Bereich.



3. Geburten

Die Zahl der Geburten in Chemnitz verringerte sich im Jahr 2020 um 1,9 % auf 2.183 und lag damit leicht unter dem Wert von 2019 (2.225). In den letzten Jahren ist bei den Geburtenzahlen wieder ein leichter Rückgang zu verzeichnen (Rekordjahr 2017: 2.456 Geburten), nachdem die Geburten seit dem Geburteneinbruch in den frühen 1990er Jahren kontinuierlich gestiegen waren.

 

Lockdown-Effekte, die sich teilweise im europäischen Ausland (Italien, Spanien, Frankreich) in Form geringerer Geburtenzahlen zeigten, konnten in Chemnitz - bezogen auf das Gesamtjahr - (noch) nicht festgestellt werden. Die Zahl der Geburten im Dezember lag 12 % unter dem Vorjahreswert (154 statt 175 Geburten). Die Entwicklung der ersten Monate 2021 wird zeigen, ob das ein statistischer Ausreißer oder der Beginn eines Trends war.

Geburten und Sterbefälle in Chemnitz 1997-2020  (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)
Geburten und Sterbefälle in Chemnitz 1997-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)

308 Neu-Chemnitzer hatten keine deutsche Staatsbürgerschaft (14,1 % aller Geburten; 2019: 314 Geburten). Die Zahl der geborenen Kinder mit deutscher Staatsbürgerschaft lag im Jahr 2020 mit 1.875 deutlich unter dem Wert von 2019 (1.912 Geburten; Minus von 2,0 %).

 

Ursache für den Rückgang der Geburtenzahlen dürfte die veränderte Bevölkerungsstruktur der Chemnitzer Bewohnerschaft im Alter von 20 bis 40 sein. Der Geburtenknick der frühen 1990er Jahre macht sich nun dahingehend bemerkbar, dass vergleichsweise wenige Personen in die Gruppe des Familiengründungsalters hinzustoßen, während auf der anderen Seite viele der recht geburtenstarken Jahrgänge aus den 1980er Jahren ihre Familienplanung abgeschlossen haben und ihre Kinder längst bekommen haben. Der Trend wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen, sodass die Zahl der Geburten in Chemnitz weiter abnehmen wird.


4. Sterbefälle

Die Stadt Chemnitz verzeichnete im Jahr 2020 insgesamt 3.924 Todesfälle. Somit starben 402 mehr Chemnitzer als 2019 (3.522) – dies entspricht – bezogen auf das Gesamtjahr – einer Steigerung von 11,1 %. Die absolute Zahl der Sterbefälle in Chemnitz war die höchste seit der Wiedervereinigung 1990; die Zahl der Sterbefälle pro 1.000 Einwohner (d. h. "bereinigt", um verschiedene Einwohnerzahlen von Chemnitz / Karl-Marx-Stadt in den letzten Jahrzehnten vergleichen zu können) lag mit 16,0 so hoch wie seit 1968-70 (damals 15,8 bis 15,9) nicht mehr.

 

Die Übersterblichkeit resultierte ausschließlich aus den Monaten November (415) und Dezember (636), in denen zusammen 1.051 Todesfälle zu beklagen waren. Im Dezember starben in Chemnitz 106,5 % mehr Menschen als im Vergleichsmonat Dezember 2019. Im Zeitraum 2015-2019 waren in Chemnitz monatsdurchschnittlich 285 Menschen gestorben.

 

Die folgende Animation der monatlichen Sterbefälle in Chemnitz im Zeitraffer der 48 Monate von Januar 2017 bis Dezember 2020 zeigt das Ausmaß der Corona-Pandemie in Chemnitz deutlich. Offiziell zählte das Robert Koch-Institut im gesamten Kalenderjahr 311 Corona-Sterbefälle in der Stadt, davon allein 180 im Dezember (Corona-Daten und Sterbefälle in Chemnitz siehe hier).


5. Natürliches Saldo

Das natürliche Saldo (d. h. die Zahl der Geburten abzüglich der Zahl der Sterbefälle) lag im Jahr 2020 bei -1.741. Der Wert liegt in Chemnitz traditionell im Minus, erreichte aber 2020 die schlechteste Ausprägung seit 1997 (damals 1.661 Geburten und 3.409 Sterbefälle = -1.748). In den Jahren 2004 bis 2019 hatte das natürliche Saldo in Chemnitz immer in der Spanne von -981 (2016) bis -1.297 (2019) gelegen – im Durchschnitt des genannten Zeitraums lag es bei -1.151.

 

Für die kommenden Jahren ist in Chemnitz mit einem steigenden negativen natürlichen Saldo, d. h. steigenden Sterbeüberschuss, zu rechnen, da einerseits die Geburtenzahlen sinken werden, andererseits die Zahl der Hochaltrigen in Chemnitz weiter zunehmen wird. Die Stadt Chemnitz ist deshalb – will sie ihre Bevölkerungszahl stabil halten – jedes Jahr auf Wanderungsgewinne im vierstelligen Bereich angewiesen. Seit einschließlich 2000 verzeichnete Chemnitz insgesamt ca. 42.700 Geburten und ca. 67.900 Sterbefälle.

Geburten und Sterbefälle in Chemnitz pro 1.000 EW 2007-2020  (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)
Geburten und Sterbefälle in Chemnitz pro 1.000 EW 2007-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)


6. Zuzüge

Die Zahl der Zuzüge nach Chemnitz reduzierte sich 2020 um 10,4 %. Zogen 2019 noch 12.715 Menschen nach Chemnitz, so waren es 2020 11.388. Vor allem im 2. Quartal brachen infolge des 1. Lockdowns (März/April/Mai) die Zuzugszahlen ein und lagen 40 % unter dem Vorjahresniveau – im 3. und 4. Quartal erholten sich die Werte wieder und lagen jeweils über dem Vorjahresniveau.

 

46,7 % der 2020 nach Chemnitz gezogenen Menschen waren Ausländer, 53,3 % besaßen die deutsche Staatsbürgershaft. Das Verhältnis deckt sich nahezu eins-zu-eins mit den Werten von 2019 (ausländische Zugezogene: 47,5 %). In den letzten fünf Kalenderjahren setzt sich die Gruppe der nach Chemnitz zugezogenen zu jeweils exakt der Hälfte aus Deutschen (33.065) und Ausländern (32.375 Zuzüge) zusammen.

Zuzüge nach Chemnitz und Fortzüge aus Chemnitz nach Quartalen im Zeitraum 2014-2020  (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)
Zuzüge nach Chemnitz und Fortzüge aus Chemnitz nach Quartalen im Zeitraum 2014-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)

7. Wegzüge

Ähnlich dem Trend bei den Zuzügen sank die Zahl der Wegzüge aus Chemnitz im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 5,0 % auf 11.616 - vor allem im 2. Quartal gingen die Zuzüge zurück und lagen 22 % unter den Werten des Vergleichsquartals 2019.

 

Seit 2017 bewegen sich die Fortzugszahlen in Chemnitz immer im Korridor von 11.095 bis 12.222. Im Vergleich zu den Jahren 2014 bis 2016 (jahresdurchschnittlich mehr als 20.500 Zuzüge) hat eine deutliche Normalisierung des Wanderungsgeschehens stattgefunden. Dennoch muss attestiert werden, dass das Gesamtvolumen der Bevölkerungsbewegungen (Weg- bzw. Zuzüge) im Jahr 2020 trotz der Corona-Einflüsse ca. 40 % über den Werten, wie sie zwischen 2005 und 2009 durchschnittlich ausgeprägt waren, und ca. 10 % über den Werten von 2010 bis 2012 lagen.


8. Wanderungssaldo

2020 verzeichnete die Stadt Chemnitz bei 11.388 Zuzügen und 11.616 Fortzügen erstmals seit Jahren wieder ein negatives Wanderungssaldo von -288 Personen. 2019 war noch ein geringes ein Plus von 493 registriert worden (12.715 Zuzüge und 12.222 Fortzüge).

 

Mit Ausnahme des Sonderfalles 2016 (melderechtliche Aspekte verdecken den de facto Wanderungsgewinn) konnte Chemnitz somit erstmals seit 2009 keinen Wanderungsgewinn erzielen. Getragen worden war dieser durch den Zuzug aus dem Ausland, vor allem das Jahr 2015 ragt hierbei heraus.

Wanderungsgeschehen (Zuzüge und Fortzüge) in Chemnitz im Verlauf der Jahre 1996-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)
Wanderungsgeschehen (Zuzüge und Fortzüge) in Chemnitz im Verlauf der Jahre 1996-2020 (Quelle: Stadt Chemnitz - Amt für Informationsverarbeitung)

9. Fazit und Ausblick auf 2021

Unter dem Einfluss der Corona-Pandemie entwickelten sich im Kalenderjahr 2020 drei der vier Faktoren, die die Bevölkerungszahl bzw. -entwicklung von Chemnitz beeinflussen, negativ:

  • Die Zahl der Geburten reduzierte sich um -2%.
  • Die Zahl der Sterbefälle erhöhte sich um 11 %.
  • Die Zahl der Zuzüge nach Chemnitz reduzierte sich um 10 %.
  • Die Zahl der Wegzüge aus Chemnitz sank um 5 %.

Während die Geburtenentwicklung losgelöst von Corona zu betrachten ist, sind die hohen Sterbefallzahlen (hohe Übersterblichkeit im November und Dezember) und die verringerten Wanderungsvolumen (vor allen im 2. Quartal) als direkte Folge der Pandemie bzw. dessen Bekämpfung zu betrachten. Insgesamt ging die Bevölkerungszahl in Chemnitz um ca. 0,8 % zurück.

 

In den ersten drei Monaten des Jahres 2021 setzte sich der Bevölkerungsrückgang in Chemnitz fort. Die Einwohnerzahl reduzierte sich im 1. Quartal 2021 um 805 auf 244.246. Im 12-Monatsvergleich zu Werten des 31.03.2020 (damals 246.244 Einwohner) zeigt sich mit einem Bevölkerungsverlust von 1.998 Personen der deutliche Einfluss der Corona-Pandemie in Chemnitz.


Quellen:

  • Statistische Quartalsberichte (Berichte I/2020 bis IV/2020) der Stadt Chemnitz, erstellt vom Amt für Informationsverarbeitung, Abt. Statistik, Wahlen
  • Statistische Quartalsberichte der Stadt Chemnitz 2017-2019 (erstellt vom Amt für Informationsverarbeitung, Abt. Statistik, Wahlen)
  • Statistisches Jahrbuch 2017/2018 der Stadt Chemnitz (erstellt vom Amt für Informationsverarbeitung, Abt. Statistik, Wahlen)

(Eine Vielzahl von statistischen Publikationen der Stadt Chemnitz finden Sie hier).